
Aida* (Name geändert)
Aida (43) kommt zu uns im März 2020 aus einer sehr weit entfernt liegenden Region. Seit ihrem 20. Lebensjahr redet sie nicht mehr. Damals wurde sie von einem wildfremden Mann entführt. Eine alte kirgisische Tradition erlaubte dies zum Zwecke der Eheschliessung. Doch für Aida endete diese Entführung traumatisch. Sie konnte in der Nacht aus dem Auto des fremden Mannes fliehen und sich im naheliegenden Friedhof verstecken. Nach einigen Tagen kam sie dann allein zurück zu ihrer Mutter. Seither redet sie nicht mehr und ist völlig emotionslos. Sie versteht was man zu ihr sagt, gibt aber keine Antwort. Sie geht auch nicht mehr zur Toilette und nässt ein. Deshalb darf sie tagsüber auch nicht mehr ins Haus und sitzt nun schon jahrelang, tagaus und tagein vor dem Haus.
In den ersten Tagen, in denen sie bei uns ist, geht es ihr sehr schlecht. Sie zittert am ganzen Leib, erbricht das Essen wieder und kann nicht schlafen. Doch nach zwei Tagen beginnt sie auf einmal zu sprechen. Sie spielt Rollenspiele mit sich selbst und redet über das was sie bei einem Arztbesuch erlebt hat. Sie erzählt vom «Hände waschen» dem «Coronavirus» oder schlüpft in die Rolle einer Lehrerin, indem sie am Morgen die anderen weckt, zum Frühstück ruft und vom beginnenden Unterricht spricht. Es ist als sei bei ihr eine Blockade gelöst worden. Doch dann schweigt sie auch wieder und versinkt in sich selbst.
Aidas Aufenthalt endet leider schon nach 10 Tagen aufgrund der Situation mit Covid-19. Mit den Angehörigen sind wir nun im Gespräch wie Aida weiter geholfen werden kann.